Der Stadtplatz Kottbusser Tor und die Polizei
Keine gute Idee – eine Polizeiwache hoch oben im Zentrum Berlin-Kreuzbergs
Unser Gastautor ist Mieterrat an einem „kriminaltätsbelasteten Ort“. Das Bedürfnis nach Sicherheit steht dort im Spannungsfeld nicht nur positiver Erfahrungen mit der Staatsmacht
Der Platz am Kottbusser Tor in Berlin hat stadtweit einen speziellen Ruf, aber alle Gewerbetreibenden und Mietparteien haben ihre eigene biografische Erfahrung mit dem Ort, dem Raum – und auch ihre eigene Motivation dafür, wie sie zur hier geplanten Polizeiwache stehen.
Hoch oben in der Brückengalerie des Neuen Kreuzberger Zentrum (NKZ) am „Kotti“, wie der zentrale Platz in Berlin-Kreuzberg genannt wird, soll nach Plänen des Berliner Senats bald diese Wache residieren. Das hat einen Symbolcharakter, der sich mit der angestrebten „Bürgernähe“ nicht reibungslos vereinbaren lässt.
Dass die Gewerbetreibenden grundsätzlich für eine feste Polizeipräsenz sind, hat eine gewisse Logik – sie wollen ihre Waren an die Leute bringen und sie gut verkaufen. Dafür braucht man zumindest ein attraktives Umfeld.
Ein Faktor für Attraktivität ist ein „sicherer“ öffentlicher Raum, ein anderer Faktor natürlich die Lebendigkeit des öffentlichen Raumes. Beides changiert. Wenn es sich um so einen schillernden Ort wie den „Kotti“ handelt, dann kommen viele Menschen – interessante Kleingewerbe, Künstler, Kulturschaffende und Dienstleistende können sich hier aufhalten und etablieren.
Wenn jedoch das Milieu als verschrien und berüchtigt gilt – dafür wurde in den letzten Jahrzehnten auch reichlich gesorgt, Medien berichten eigentlich nur negativ, die Debatte um „kriminalitätsbelastete Orte“ trägt dazu bei – kann eine Stimmungslage entstehen, in der gesagt wird: Wir brauchen jetzt „Rettung“.
Diese „Rettung“ ist dann eben „öffentliche Sicherheit“ durch die Polizei, durch Videoüberwachung oder ähnliches. Daher kommt so eine Grundmotivation bei den Gewerbetreibenden. Bei den Mieter:innen ist es anders.
Ich selbst bin dort Mieterrat und persönlich eher polizeikritisch – die Polizei hat dort aus meiner Sicht nur eine Berechtigung als einer von vielen „zivilgesellschaftlichen“, institutionellen und auch staatlichen Akteuren – allerdings nur als einer von mehreren.
In dieser Gemengelage kann eine kleine Polizeiwache oder die Präsenz von lokalen Polizist:innen – wie wir das schon seit Jahren durch Herrn Sommerfeld, einen ansprechbaren Beamten, haben, der den Kiez und die Menschen kennt – durchaus Sinn machen. Darüber hinausgehende „Law and Order“-Politik nicht.
Wer will schon Wohnungseinbrüche und Fäkalien im Treppenhaus?
Die individuelle Erfahrung der Mieter:innen ist, dass es immer mal wieder Wohnungseinbrüche gibt, ebenso wie in anderen Großwohnanlagen, in privaten Häusern oder sonstigen Vermietungsverhältnissen – das ist die eine Ebene.
Die andere Ebene ist – und die ist entscheidend – dass es ein kriminalitätsbelasteter Ort ist, weil hier zwei große U-Bahnlinien aufeinander stoßen, Buslinien zusammenlaufen und Kreuzberg quasi als Scharnierviertel zwischen Wedding, Mitte und Neukölln dient. Dadurch ist es ein sehr attraktiver Ort für Drogenkonsumierende und ebenso für Leute, die Drogen oder Ähnliches verkaufen wollen.
Wenn für sie nur wenige Orte existieren, um sich aufzuhalten, sind die Treppenhäuser der Großwohnanlagen immer ein willkommener Ort der Zuflucht vor Kälte, vor Beobachtung oder um sich dort in Ruhe einen Schuss zu setzen.
Das haben die Anwohner:innen in den Häusern im Alltag ständig vor Auge. So kann selbstverständlich der direkte Wunsch aufkommen: Das soll sich ändern. Dann merkt man, dass die Hausverwaltung kaum etwas machen kann, den Nachbar:innen sind in gewisser Weise die Hände gebunden.
So ruft man eben hier konkret beim Abschnitt 53 an. Spricht man gut Deutsch, sich durchsetzen, den Ort lokalisieren, kommen vielleicht mal zwei Beamt:innen, denen man sagen kann: Es wäre gut, wenn nicht 15 Leute im Treppenhaus sitzen. Wenn man die Sprache nicht gut spricht und den Ort nicht lokalisieren kann, kommt niemand. Man fühlt sich mit dem Zustand allein gelassen.
Deshalb denken viele Menschen, eine Wache vor Ort hätte direkt eine „reinigende“ Wirkung. Es ist kein sehr sauberer Ort, obwohl die Sauberkeit sehr stark angestrebt wird. Jeden Morgen fahren hier Müll-Reinigungsfahrzeuge, was die Mieter:innen bezahlen müssen, da es sich teilweise um privates Gelände handelt.
Doch das, was hier überall herumliegt, kommt nicht nur von Drogengebraucher:innen oder den Mietparteien, es ist zugleich das Party-Publikum – die Leute, die die U-Bahn wechseln und achtlos ihr Kaugummipapier oder ihre Zigarettenstummel wegschmeißen.
So liegt einfach eine gewisse Rauheit in der Luft. Dafür, finde ich, ist es noch ein sehr nachbarschaftlicher, freundlicher Ort, der auch echte Probleme hat. Viele Leute denken dann, solche Probleme könnten final durch den Staat oder die Polizei gelöst werden. Ich glaube hingegen, dass es nicht so ist.
Armut wird der Armut überlassen
Mit 40 Mieter:innen habe ich bisher gesprochen – unter ihnen war fast niemand, der hier keine Polizei möchte. Viele wünschen sich diese sogar seit Jahren oder Jahrzehnten und fühlen sich aufgrund ihrer migrantischen Geschichte oder Biografie schon sehr lange allein gelassen.
Es gibt fast keine Bedenken gegen Polizeipräsenz an sich – mit Ausnahme einzelner Menschen, die generell polizeikritisch sind oder Obrigkeitsstaatlichkeit ablehnen – doch die Mehrzahl der Mieter:innen findet es durchaus gut, wenn Polizei in erreichbarer Nähe ist.
Viele haben allerdings in ihrem Leben nicht nur gute Erfahrungen mit der Polizei gemacht – in ihren Familien, ihrem Freundeskreis oder ihrem Milieu wissen viele auch von negativen Erfahrungen zu berichten. So scheint zumindest die hoch erhobene Position dieser Wache oberhalb von allen Menschen nicht befürwortet zu werden.
Gewünscht wäre eher eine „bürgerfreundliche“ Nachbarschaftswache – so wird es ja in der Presse teilweise verkauft: Man geht zum Friseur, weil man sich die Haare machen lassen will oder zur Bibliothek – oder eben zum Dienstleister Polizei, da vielleicht jemandem das Portemonnaie geklaut wurde oder man gehört hat, bei der Nachbarin habe es nachts an der Tür geruckelt – oder es ist jemand im Treppenhaus, der dort gerade sein Geschäft verrichtet hat.
Das wäre dann eigentlich ein Fall für die Reinigung, doch man denkt auch, dieser Mensch sollte nicht länger im Treppenhaus bleiben. In einem Altbau im Prenzlauer Berg würde jede:r normal finden, dass dies geregelt wird, um das Treppenhaus ohne Ekel nutzen zu können. Hier haben sich die Menschen eher daran gewöhnt, dass sie tagtäglich mit so einem Elend konfrontiert sind.
Die Armut wird der Armut überlassen, so könnte man das sozialgeschichtlich einstufen. Das Problem ist sicherlich, dass es darüber unterschiedliche Meinungen gibt. Die Strategie des Innensenats besteht darin, im nächsten Jahr überall Kameras zu installieren. Vermutlich soll hier ein Gewöhnungsprozess einsetzen: Viele Kameras und man habe irgendwie alles im Griff.
Zugleich kommt Kritik an der Polizeistation von allen möglichen Gruppen. In polizeikritischen Kreisen wird schnell gesagt, die Mieter:innen verstünden nicht die gesellschaftlichen Zusammenhänge, die Sache mit den Drogen und deren Verkauf oder die Rolle der Polizei in der Gesellschaft – und man müsste sie eigentlich aufklären.
Es ist aber ein Unterschied, ob man hier wohnt und einfach mal zum Postkasten will, ohne jeden Morgen über jemanden drüber zu steigen, oder ob man eben nicht hier wohnt.
Hier ist das Verlangen nach einer klaren, quasi autoritären Lösung verständlich – auch wenn es nicht unbedingt gut ist.
Meine Position ist: Es braucht viele starke Akteur:innen am Platz und eine gut durchdachte Infrastruktur – nicht nur für den „Kotti“, sondern eigentlich für alle Stadtplätze, also Hygiene-Einrichtungen, Toiletten, Orte, wo man Trinkwasser bekommt oder sich gegebenenfalls waschen kann. Weiterhin Orte mit aktiver Sozialarbeit, wie zum Beispiel die Berliner Obdachlosenhilfe, bei der Wohnungslose auch selbst mitarbeiten können.
Doch selbst ein so wichtiger Träger wie Fixpunkt, der leider viel zu knappe Öffnungszeiten hat, enttäuscht viele Menschen, die dort nach 19 Uhr keinen Rückzugsort mehr finden. Außerdem fehlen grundsätzlich Notübernachtungsplätze für Menschen, die „drauf“ sind, egal ob sie Alkohol getrunke oder anderes zu sich genommen haben.
Quer durch alle Gesellschaftsschichten werden Drogen konsumiert – es sind nicht nur die Armen oder augenscheinlich Verwahrlosten, die Menschen in dramatischen Lebenslagen. Aufgrund der Illegalisierung bestimmter Substanzen sind einige Menschen gezwungen, diese illegal zu erwerben – und so kristallisieren sich in jeder Stadt gewisse Orte heraus – wie das Bahnhofsviertel oder hier eben der Kotti.
Wenn dann alles in die Statistik einfließt, jedes Gramm Gras, das hier bei jemandem gefunden wurde, handelt es sich klar um einen „kriminalitätsbelasteten Ort“. Doch es handelt sich um soziale Fragen – und die müssen aktiv durch eine Nachbarschaft, durch Kulturorte, durch Vereine, durch engagierte Sozialarbeit und teilweise vielleicht auch durch Ansprechbarkeit der Polizei gelöst werden.
Kein guter Standort – keine gute Stadtentwicklung
So sprechen viele Argumente gegen die Standortwahl der Polizeiwache. Eines der wichtigsten ist, dass hier ein Sachzwang erzeugt wird, der so nicht existiert. Die Problematik ist seit Jahrzehnten bekannt und die Menschen leben mit ihr. Nun ist die Berliner Innensenatorin Iris Spranger eine geraume Zeit im Amt; und die Presse verlangt immer nach 100 Tagen gewisse Ergebnisse.
Dadurch ist ein Druck entstanden, unser Vorzeigeprojekt Kottbusser Tor – und in Zukunft auch der Hermannplatz – doch zumindest das Kottbusser Tor soll zeitnah eine Polizeiwache bekommen. Nach mehr als 100 Tagen soll klar sein: Der Platz soll sie nicht nur bekommen, sondern: Die kommt dort hin. Egal, ob sie 2022, 2023 oder 2024 kommt, es sollen Nägel mit Köpfen gemacht und präsentiert werden.
Orte, die wir als Mieterrat dafür vorgeschlagen haben, wurden nicht für gut befunden. Es wurde kundgetan: Es gibt nur eine größere freie Gewerbefläche am gesamten Platz und das sei nun mal diese Brücke, ehemals als Wettbüro genutzt.
Pikant ist daran, dass Gewerbemietverträge von Wettbüros hier generell nicht verlängert werden dürfen. Wettbüros haben vielleicht ein ambivalentes, oft schwieriges Publikum, jedoch sind es meist nicht wohlhabende Leute, die dort verkehren. So haben sie auch eine proletarische Seite, die damit zerstört wird.
Es ist jedenfalls ziemlich witzig, dass nun die Polizei dort hinein soll. Für die Senatorin und insbesondere das „Brain“ dahinter, den Staatssekretär Ackmann im Innensenat, ist dies ein toller Symbolort. Alle wissen im Grunde: Die Polizei wird hier nichts bringen, zumindest, wenn sie im Büro sitzt. Und wenn sie in Mannschaftsstärke hier ständig herumläuft, wird es Kriminalisierung ohne Ende geben.
Und nach welchen Kriterien werden Menschen im öffentlichen Raum kontrolliert? Durch massive Polizeipräsenz würden sich „kriminalitätsbelastete Orte“ lediglich verlagern. Dies wäre reine Verdrängung.
Doch entscheidend ist: Wenn man die Polizei in den zentralen Ort, den Symbolort, hineinsetzt, kann man sagen: Wir haben richtig was geschafft!
Berlin-Kreuzberg war ja, wenn man seine lange Geschichte betrachtet, mal „polizeifrei“, es gab Debatten um den 1. Mai 1987 und die lange Geschichte der Besetzungen, das Kottbusser Tor ist ein Tor nach Kreuzberg 36 hinein und hinaus, es ist dafür ein Symbolort.
Außerdem ist es von allen Seiten sichtbar. Die Botschaft der Polizeiwache dort ist: Wir haben alles im Griff und im Blick, selbst wenn es eine unbedeutende kleine Polizeiwache auf 200 Quadratmetern ist, kann sie stadtweit auf Fotos vermarktet und verkauft werden.
Wie sonst der Riegel als Ort für Sozialen Wohnungsbau, für Armut oder Kommunalisierung steht – gilt er dann als Beispiel für gelungene Polizeiarbeit. Und die soll transparent und bürgernah sein. Das ist selbstredend Gewäsch, muss man Frau Spranger sagen. Ich glaube, sie haben viel dazugelernt, aber der Senat weiß immer noch vieles nicht, was wir als Nachbar:innen wissen.
Anerkennung und Respekt statt die Symbolpolitik und Ordnung
Diesen erhabenen Ort zu erobern, das ist etwas Besonderes, und das Argument, es gebe keine andere freie Gewerbefläche für die Dienststelle, ist ein reines Scheinargument.
Ebenso zieht die Argumentation gegen das Aufstellen von Containern nicht. Eine kleine Polizeiwache unter der Hochbahn könnte für alle, auch gerade die U-Bahn-Nutzer:innen da. Die Berliner Verkehrsbetriebe lassen den Bahnhof durchaus verwahrlosen, um es mal zuzuspitzen – obwohl es wichtig ist, dass Wohnungslose in Kältephasen dort übernachten können, solange für sie keine Alternativen geschaffen werden.
Angeblich war es zu teuer, einen Container zu bauen im Vergleich zur Einrichtung der hoch erhobenen Polizeiwache. Letztere würde nur 250.000 Euro kosten, hieß es zunächst. Dann war es plötzlich eine Million, dann waren es 2,5 Millionen – nun soll diese Wache in der Brücke 3,75 Millionen Euro kosten. Die Polizei soll um jeden Preis genau dorthin.
Bürgernah, transparent und zugänglich hat aber sehr wenig damit zu tun, wenn Beamte, die ohnehin Hoheitsrechte haben, bewaffnet sind und das Gewaltmonopol des Staates vertreten, auch noch von hoch oben auf die Menschen herabblicken.
Wer von der Polizei – und sei sie noch so nett – kontrolliert wird, empfindet das ohnehin so. Dieser Effekt verdoppelt sich, wenn die Polizei physisch real auf die Menschen von oben herabschaut. Diesen Aspekt will der Senat gar nicht bemerken, obwohl er vom Mieterrat mehrfach erklärt wurde.
Der Gegenvorschlag aus dem Mieterrat beinhaltet, dass Gewerbetreibend einen Tausch anbieten – sie würden die Räume in der Brücke nutzen. Die Polizei bekäme eine etwas größere Gewerbefläche – was wiederum der Gewerkschaft der Polizei entgegenkäme, da es zum Beispiel bessere Sozialräume geben könnte.
Dort wäre die Wache wirklich „bürgernah“ und ebenerdig untergebracht. Dass Alternativvorschläge des Mieterrats nun aufgegriffen werden und die Polizei mit ihren Technikern ein konkretes Gewerbe vermessen hat, ist ein gutes Zeichen. Es könnte aber Ablenkung sei, um zu sagen: Wir haben es vermessen und es geht nicht. Auffällig ist auf jeden Fall, dass es auf die Schreiben des Mieterrats bisher keine Antwort-Mail der Senatorin oder des Abschnitts gab.
Auf unseren Vorschlag folgte wochenlang Funkstille. Aber wir wissen, dass die Vermessungen vor einigen Tagen stattgefunden haben. Vermutlich will sich der Senat keine Blöße geben und hat möglicherweise schlechtes Gewissen.
Zuerst hieß es, man wolle niemanden verdrängen und jetzt merkt man, dass das Café Kotti und sensible Gewerbeeinheiten, Kulturschaffende und kleine Büros womöglich verdrängt werden, weil sie durch die Polizeiwache nicht mehr so gut zugänglich wären.
Jetzt sagt selbstredend jeder sich bürgerlich wähnende Mensch: Wieso, wo ist das Problem? Ja, aber für manche Menschen ist es ein Problem, der Zugang ist nicht mehr „barrierefrei“. Genau bei so einem zentralen Aspekt – Polizei ja/nein in der Brücke – wird eine Kooperationsvereinbarung außer Kraft gesetzt, die festschreibt, dass gemeinsam versucht wird, im Interesse der Mieter:innen, aber auch der Verwaltung, also des kommunalen Wohnungsunternehmens Gewobag, das Gewerbe gemeinsam zu entwickeln.
Vermutlich wird über die Gewobag hinweggegangen. „Der Innensenat weist das an“, könnte es heißen. Das ist natürlich Quatsch: Die Gewobag kann sich durchaus vor ihre Mieter:innen werfen und sagen: „Ja, wir brauchen mehr Sicherheit vor Ort, da kann die Polizei einen Beitrag leisten, aber unsere schöne Brücke, das ist unser wichtiger zentraler Ort, das Herzstück symbolisch für den Platz; und das wird genutzt für ein Museum zum Gemeindewohnungsbau der letzten 100 Jahre oder beispielsweise für ein kleines Theater.“
Die Symbolpolitik „Wache“ und die Vernachlässigung der Bedürfnisse vor Ort führt zu einer Anti-Haltung. In Wahrheit ist das hier aber ein wunderbarer Ort, an dem sehr viel zivilgesellschaftliche Praxis existiert – Polizei ist ja gerade nicht Zivilgesellschaft.
Wer das Kottbusser Tor nur von außen und durch die Medien kennt, die es schlechtschreiben, der wird sagen: „Oha, was für ein schrecklicher Ort!“ Wenn man hier allerdings lebt, hat man fast das Gefühl, man befindet sich in einem kleinen städtischen Dorf.
Die einen fühlen sich so am Böhmischen Platz und in Rixdorf, wir fühlen uns so am Kottbusser Tor, nur dass es eben Beton ist und rappelt wegen der U-Bahn; und natürlich einen elend lauten Straßenverkehr hat. Allerdings arbeiten alle daran, selbst eine doch recht aktive Hausverwaltung, dass es zu einzelnen Schritten und Besserungen kommt, wie etwa öffentlichen Toiletten. All das dauert sehr lange, wie das eben so ist in unserer Gesellschaft und wie das in Berlin üblich ist – aber niemand lässt hier eigentlich nach.
Text und Foto: Matthias Coers
Veröffentlicht auf Telepolis, Online-Magazin für Politik und Medien am 11. Juni 2022 unter https://www.heise.de/tp/features/Keine-gute-Idee-eine-Polizeiwache-hoch-oben-im-Zentrum-Berlin-Kreuzbergs-7137577.html
Titelbild: Am nördlichen Teil des „Kotti“ – Spielsalon, Filmwerbung, Imbiss, Nahversorger und der durchgängig geöffnete Gemüsestand erhellen die Nacht.
Dem Artikel liegt ein Interview des Kotti-Shop on Air-Radios, gesendet am 22. Mai 2022 auf reboot.fm/88.4 zugrunde.
Der ungekürzte Text, weitere Bilder und das Interview siehe:
Schlaue Idee? – Der Stadtplatz Kottbusser Tor und die Polizei