Gewobag kauft Neues Kreuzberger Zentrum
Es ist eine überraschende Wendung: Das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ) in Berlin ist an die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag verkauft worden – und nicht an einen privaten Investor. Senatorin Lompscher führt das auch auf eine politische Drohung zurück.
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Das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ) ist so etwas wie das Wahrzeichen des Kottbusser Tors in Berlin. Deshalb war die Empörung groß, als ein privater Investor den Zuschlag für den Kauf der rustikalen Wohnmaschine aus den 70er Jahren für mehr als 1.000 Menschen bekam. Mieteraktivisten fürchteten Mieterhöhungen und Verdrängungen, der Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) kündigte an, den Verkauf mit allen Mitteln verhindern zu wollen und die Bezirksverordnetenversammlung stimmte dafür, dass der Bezirk das Vorkaufsrecht nutzen solle.
Nun die überraschende Wendung: Die NKZ-Gesellschaft verkauft nun doch nicht an die „Juwelus Investitions- und Beteiligungs GmbH“, sondern an die Gewobag, eine landeseigene Berliner Wohnungsbaugesellschaft. Am Freitagabend sei der Vertrag notariell beurkundet worden, teilte die Stadtentwicklungsverwaltung mit.
Am gestrigen Donnerstag hätte laut Senat der Vertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft NKZ unterzeichnet werden sollen, wozu es jedoch nicht gekommen sei. „Der ursprüngliche Höchstbieter hatte nicht rechtzeitig die entsprechenden Unterlagen zur Finanzierung beigebracht, sodass die Gewobag als Zweitbietende zum Zuge kam“, heißt es in der Mitteilung der Stadtentwicklungsverwaltung.
Lompscher: alle an einem Strang gezogen
Alle Beteiligten – auf Landes- und Bezirksseite – hätten in dem intensiven Verhandlungsprozess konsequent an einem Strang gezogen, sagte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher demnach. Damit hätten sie dafür gesorgt, dass die 295 Wohnungen sowie die 90 Gewerbeeinheiten nun in kommunaler Hand sind.
Die Ankündigung des Bezirks, sein Vorkaufsrecht nutzen zu wollen, habe „sicher auch einen Anteil am heutigen Erfolg“, so die Senatsverwaltung. Diese werde die Bezirke dabei unterstützen, das Instrument des Vorkaufsrechtes in Milieuschutzgebieten konsequent anzuwenden, erklärte Lompscher. Einen Beleg, dass tatsächlich diese Androhung der Grund für das Abspringen des Investors ist, gibt es jedoch nicht.
Marie Schubenz vom Mieterrat des NKZ äußerte sich gegenüber dem rbb ebenfalls erfreut. Grund dafür sei, dass „die positiven Entwicklungen, die die Anwohnerinnen, die Gewerbetreibenden hier in den letzten Jahren angestoßen haben, mit dieser Kommunalisierung weiterentwickelt werden können“. Für Dienstag hat der Mieterrat alle Mieter zu einer Versammlung eingeladen, um über die neue Situation zu beraten.
„Keine Spekulationsobjekt mehr für Investoren“
Der grüne Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hatte es es bereits nach Bekanntwerden dieser Wendung in einer Stellungnahme als großen Erfolg bezeichnet, dass die Gewobag ohne lange Verzögerungen die Wohnungen übernehmen könne. „Das NKZ ist seit heute kein Spekulationsobjekt mehr für Investoren und deren Geschäftemacherei auf dem Rücken der Mieter. Diese Wohnungspolitik werden wir genauso weiterverfolgen.“
Auch Schmidt sieht es als politischen Erfolg, dass der Investor die Frist für den Kauf verstreichen ließ. „Bei einem Kauf der Investorengruppe hätten der Bezirk sein bezirkliches Vorkaufsrecht umgehend eingesetzt. Allein die Ankündigung hat bereits Wirkung gezeigt“, führte der Stadtrat weiter aus. Der Investor selbst äußerte sich bislang nicht dazu, warum er auf den Kauf des NKZ verzichtete.
Gewobag bot 56,5 Millionen Euro
Die Gewobag, die beim Bieterverfahren nach eigenen Angaben „bis an die Schmerzgrenze“ mitgegangen war, hatte 56,5 Millionen Euro geboten. „Juwelus“ bekommt den Zuschlag für 57,5 Millionen Euro. Ob die 56,5 Millionen Euro nun auch der Kaufpreis sein wird, bestätigte die Gewobag zunächst nicht. Sollte es so sein, läge der Preis weit über den von einem Gutachter geschätzten Verkehrswert des Gebäude-Ensembles mit 295 Wohnungen und 90 Läden.
Das Gebäude ohne Verluste zu bewirtschaften, dürfte nun schwierig werden, weil die öffentlichen Wohnungsunternehmen auf Drängen von Berlins Sozialsenatorin Katrin Lompscher (Linke) auf einen Teil der gesetzlich zulässigen Mieterhöhungen verzichten. Lompscher will sich am frühen Nachmittag äußern.
rbb-online und Abendschau 21.4.2017
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